Buch 3

Buch 3

Kapitel 21


Die tägliche Feier der Liturgie«»

  1. Nach den Ausführungen über das persönliche Leben des Mönches, der in der Zelle und bei der Arbeit auf Gott lauscht, wollen wir nun mit Gottes Hilfe vom Konvent sprechen. Die Gnade des Heiligen Geistes ver­einigt die Einsiedler nämlich so miteinander, daß sie in der Liebe zu einer Gemeinschaft nach dem Bild der Kirche werden, die an vielen Orten als die Eine be­steht.
  2. Als unser heiliger Vater Bruno zusammen mit sechs Gefährten die Einöde betrat, folgte er den Spuren jener alten Mönche, die sich ganz dem Schweigen und der Armut im Geiste hingaben. Jedoch bestand die besondere Gnade unserer Väter darin, daß sie in diese Lebensform die tägliche Liturgie einführten. Diese sollte ihr Leben ausdrücklicher mit dem Lobgesang, den Christus, der Hohepriester, seiner Kirche übergeben hat, vereini­gen, jedoch ohne daß etwas von der Strenge des Einsied­lerlebens verlorenging. Wir bewahren sie als die uns eigentümliche Liturgie, da sie dem beschaulichen und einsamen Leben entspricht.
  3. Wie bei den gottesdienstlichen Zusammenkünften der alten Mönche haben in unserer Liturgie die Nachtwachen mit dem folgenden Morgenlob, die gemein­schaftliche Feier der Eucharistie und das Abendlob den Vorrang. Zu diesen Offizien versammeln wir uns in der Kirche. A Wenn wir uns zur Feier der Eucharistie versammeln, findet die Einheit der Kartäuserfamilie im gegenwärtigen und betenden Christus ihre Vollendung. Diese Gedächtnisfeier des Herrenopfers vereinigt jeden Tag alle Zellenmönche und jene Brüdermönche, die es wün­schen. Außerdem feiern die Priester in Vereinigung mit der ganzen Kirche das Eucharistische Opfer in der Ein­samkeit. Dann wird das demütige Opfer ihres Lebenswan­dels in der Wüste in Christus hineingenommen zur Ehre Gottes des Vaters. An Tagen, an denen das gemeinsame Leben mehr ge­pflegt wird, können die Mönche, vereint in dem einen Priestertum, konzelebrieren.
  1. Während des Nachtoffiziums verharren wir auf gött­lichem Wachtposten. Dabei warten wir auf die Rück­kehr des Herrn, um ihm sogleich zu öffnen, sobald er anklopft. Das Abendlob aber wird zu einem Zeitpunkt gesungen, da der Tag sich neigt und die Seele zum geistlichen Sabbat einlädt.
  2. Die übrigen kanonischen Hören der Liturgie beten wir für gewöhnlich in der Zelle. An Sonntagen und Hochfesten jedoch singen wir die Terz, Sext und Non im Chor.
  3. Die in der Verborgenheit der Zelle gefeierte Li­turgie ist dem einsamen Leben, das in der Freiheit der Seele besteht, angepaßt. So kann sie am besten mit der Neigung des Herzens übereinstimmen und ist dennoch immer eine Handlung unseres gemeinsamen Lebens. Auf den Klang der Glocke hin beten alle gleichzeitig und machen so das ganze Haus zu einem einzigen Lob der Herrlich­keit Gottes.
  4. Bei der Feier des göttlichen Offiziums werden die Mönche Stimme und Herz der Kirche. Diese bringt durch sie Gott dem Vater in Christus den Kult der Anbetung, des Lobes und der Fürbitte dar und fleht für die Sünden demütig um Verzeihung. Diese wichtige Aufgabe erfüllen die Mönche zwar durch ihr ganzes Leben, aber ausdrücklicher und öffentlich tun sie es durch die Feier der heiligen Liturgie.
  5. Der Mönch ist verpflichtet, beständig die Heiligen Schriften zu betrachten, bis sie ihm gleichsam zur Natur werden. Darum nehmen wir sie an als Brot Christi, wenn sie uns in der heiligen Liturgie durch die Kirche dargeboten werden.
  6. Die Liturgie im Konvent wird immer gesungen. Der uns eigene Gregorianische Gesang ist ein altes und stets bewahrtes Erbgut unseres Ordens. Wir wissen, daß er die Innerlichkeit und Nüchternheit des Geistes fördert.
  7. Die Zellenmönche sind an die Form des heiligen Offiziums gebunden, wie sie in unseren litur­gischen Büchern beschrieben ist. Die Teilnahme der Brüdermönche an der heiligen Liturgie kann jedoch auf verschiedene Weise geschehen, wie an anderer Stelle gesagt wird (49.10); aber auch sie vollziehen in jedem Fall das öffentliche Gebet der Kirche.
  8. Neben dem göttlichen Offizium haben uns unsere Väter das Offizium der Seligen Jungfrau Maria überliefert, dessen Hören für gewöhnlich der entspre-,chenden Höre des göttlichen Offiziums vorangehen. Durch [dieses Gebet feiern wir das stets neue Geheimnis, durch die Selige Jungfrau geistigerweise Christus in den fHerzen gebiert.
  9. Da uns der Herr dazu berufen hat, vor ihm alle Geschöpfe zu vertreten, müssen wir für alle Für-1 bitte einlegen: für unsere Brüder, Verwandten, Wohl-»täter und alle Lebenden und Verstorbenen.
  10. Wir feiern häufig die Liturgie der Wiederversöh­nung, durch die das immerwährende Ostergeheimnis des Herrn uns Sünder, die wir sein Angesicht suchen, erneuert. Vom eifrigen und gewissenhaften persönlichen Empfang des Bußsakramentes hängt nämlich unser geistli­ches Leben ab.
  11. Da es unsere Berufung ist, ohne Unterlaß vor Gott zu wachen, wird unser ganzes Leben gleichsam zu einer einzigen Liturgie. Bei gewissen Gelegenheiten geschieht dies nun ausdrücklicher, sei es, daß wir im Namen der Kirche in vorgeschriebener Weise Gebete dar­bringen, sei es, daß wir der Eingebung des eigenen Herzens folgen. Aber durch diese Verschiedenheit werden wir nicht gespalten; denn derselbe Herr übt in uns stets sein Priestertum aus, indem er durch denselben Geist zum Vater betet.

Kapitel 22


Das Gemeinschaftsleben«»

  1. Durch das einsame Leben in der Zelle oder in den Obedienzen wird das Herz vom Feuer der göttlichen Liebe entflammt und genährt. Sie ist das Band der Vollkommenheit und macht uns zu Gliedern eines einzigen Leibes. Diese gegenseitige Liebe können wir, wenn wir zu den festgesetzten Zeiten zusammenkommen, in Wort und Tat freudig unter Beweis stellen und dabei uns selbst zugunsten der Mitbrüder verleugnen.
  2. Die heilige Liturgie ist der würdigste Teil des gemeinschaftlichen Lebens; sie schafft am meisten Gemeinschaft unter uns, wenn wir, täglich vereint, so an ihr teilnehmen, daß wir einmütig vor Gott stehen können.
  3. Ein Ort von nicht geringer Würde ist der Kapitel­saal des Hauses. Dort, wo ein jeder einstmals als demütigster Diener aller aufgenommen wurde, bekennt er vor den Brüdern die seitdem begangenen Fehler. Dort hören wir die heilige Lesung und beraten uns über alles, was sich auf das Gemeinwohl bezieht.
  4. An einigen Hochfesten kommen wir alle im Kapitel­saal zusammen, um die Predigt zu hören, die der Prior oder ein anderer in seinem Auftrag hält.
    An Sonntagen und Hochfesten begeben wir uns nach der Non in den Kapitelsaal, um aufmerksam die Lesung aus dem Evangelium oder aus den Statuten zu vernehmen; ausgenommen sind die Hochfeste Weihnachten, Ostern und Pfingsten sowie alle Hochfeste, die auf einen Wochentag der Fastenzeit fallen. Jede zweite Woche oder einmal im Monat – nach dem jeweiligen Brauch der Häuser – bekennen wir dort öffentlich unsere Fehler. Jeder kann sich seiner Fehler gegen die Mitbrüder, die Statuten oder auch gegen die allgemeine Pflicht als Diener Gottes anklagen. Wer aber das Stillschweigen gebrochen hat, soll das Vergehen jedesmal anklagen und eine dem Brauch entsprechende öffentliche Buße verrichten; denn die Einsamkeit des Herzens wird nur durch die Mauer des Stillschweigens geschützt. Nach der Anklage hat der Prior günstige Gelegenheit, Ermahnungen zu geben.
  5. Die Brüder versammeln sich am Sonntag zu einer passenden Zeit im Kapitelsaal oder an einem ande­ren Ort. Dort werden ihnen die Statuten vorgelesen und erklärt, oder ein vom Prior bestimmter Pater unterweist sie in der christlichen Glaubenslehre. Sie bekennen ebenfalls ihre Fehler, wenn sie nicht schon zusammen mit den Patres am Kapitel teilgenommen haben.
  6. Der Prior läßt die Mönche in den Kapitelsaal kom­men, sooft über eine Angelegenheit entschieden werden soll oder er den Rat des Konventes wünscht.
  7. An Sonntagen und Hochfesten essen wir im Refekto­rium gemeinsam zu Mittag. An diesen Tagen kommen wir öfters zusammen und haben Gelegenheit, Trost aus dem Familienleben zu schöpfen. Das Refektorium, das wir nach dem Offizium in der Kirche betreten, ruft uns das durch Christus geheiligte Abendmahl in Erinnerung. Dort gibt der Priester, der die Konventmesse gefeiert hat, den Tischsegen, und während wir die leibliche Speise einnehmen, weiden wir uns zugleich an der geistlichen Lesung.
  8. Den Patres wird eine gemeinsame Unterhaltung nach dem auf die Non folgenden Kapitel gewährt; den Brüdern, die es wünschen, an jedem Hochfest; doch ent­scheidet darüber der Prior. Einmal im Monat aber ist für alle Brüder eine gemeinsame Unterhaltung. An diesem Tag können mit Zustimmung des Priors Patres und Brüder gemeinsame Erholung haben. Dazu können auch die Novizen und Jungprofessen gerufen werden.
  9. Bei der gemeinsamen Erholung sollen wir uns an den Rat des Apostels erinnern, uns . zu freuen, eines Sinnes zu sein und in Frieden zu leben, damit der Gott der Liebe und des Friedens bei uns bleibe. Die gemein­same Unterhaltung ist die Zusammenkunft des Konvents an einem Ort. Daher sollen wir es vermeiden beiseite zu gehen und, von einigen Worten abgesehen, nur dort sprechen, wo alle beisammen sind.
  10. Wie der heilige Bruno sagt, wird der allzu schwa­che Geist, wenn er durch die strenge Zucht und das geistliche Bemühen ermüdet ist, oft durch die Lieblich­keit der Einöde und die Schönheit der Flur aufgerichtet und neu belebt. Daher gehen die Patres einmal in der Woche spazieren, ausgenommen die Karwoche. Die Brüder aber haben einmal im Monat einen Spaziergang. Die Teil­nahme ist ihnen freigestellt; sie sollen sich aber wenigstens drei- bis viermal im Jahr daran beteiligen. Bei diesem Spaziergang können nach dem Urteil des Priors Patres und Brüder zusammen gehen.
  11. Nach alter Gepflogenheit im Orden wird einmal jährlich ein größerer Spaziergang gestattet. Wenn es dem Prior angezeigt scheint, können dabei Patres und Brüder und auch die Novizen und Jungprofessen zusammen gehen. An diesem Tag dürfen wir die vom Generalkapitel bewilligten Spaziergangsgrenzen überschreiten und können auch etwas Mundvorrat mitnehmen. Doch soll auch auf diesem Spaziergang die kartusianische Einfachheit gewahrt werden, und zum Essen sollen wir uns weit genug von Fremden entfernen. Außerdem kann der Prior noch einen zweiten ähnlichen Spaziergang erlauben, auf dem wir jedoch nicht essen.
  12. Unsere Spaziergänge sollen dazu dienen, daß sie die Einheit unserer Seelen und ihren geistlichen Fortschritt fördern. Darum sollen alle denselben Weg zusammen gehen, damit abwechselnd ein jeder mit dem anderen sprechen kann. Scheint es aber aus einem ver­nünftigen Grund besser, kann man auch zwei oder drei Gruppen bilden. Muß man unterwegs notgedrungen durch benachbarte Dörfer gehen, soll man sich damit begnügen durchzugehen und große Bescheidenheit wahren. Niemals soll man die Häuser von Weltleuten betreten. Man soll sich mit Fremden in kein Gespräch einlassen und nichts an sie verteilen. Auf den Spazier gangen soll man auch nicht essen oder trinken außer frisches Wasser, falls man an einen Brunnen kommt.
  13. Diese Unterhaltungen sind eingeführt, damit sie die gegenseitige Liebe fördern und eine Hilfe für die Einsamkeit -bieten. Wir sollen uns in acht nehmen vor Geschwätzigkeit, Schreien und ungebührlichem La­chen. Unsere Gespräche seien weder leer noch weltlich, sondern gottbezogen. Selbst den bloßen Anschein von übler Nachrede oder Murren sollen wir sorgfältig mei­den. Bei Meinungsverschiedenheiten sollen wir fähig sein, auf den anderen zu hören, und uns bemühen, seine Ansicht zu verstehen, damit das Band der Liebe unter allen Umständen fester werde.
  14. Dreimal jährlich haben die Patres nach der Ent­scheidung des Priors gemeinsame Arbeiten, der sie auch ausfallen lassen kann. Diese Arbeiten, die sich bis zu drei Tagen hinziehen können, verrichten sie ge­meinschaftlich zwischen Non und Vesper unter Wahrung des Stillschweigens, wie oben gesagt (5.6). Außer den Arbeiten für den Sakristan kann der Prior auch eine Arbeit anordnen, die den Brüdern Erleichterung ver­schafft. Dann sollen sich die Patres über die erhaltene Gelegenheit freuen, am Dienst der Brüder teilzunehmen. In der Woche der gemeinsamen Arbeiten kann jeder Pater dem Spaziergang fernbleiben.
  15. Jene Patres, die es wollen, können auch einmal im Monat mit Zustimmung des Priors die Spaziergangs­zeit für eine Arbeit ähnlich den gemeinsamen Arbeiten verwenden. Dabei ist es jedoch erlaubt, sich zu unter­halten.

Kapitel 23


Der Prior«»

Die Wahl des Priors

  1. Jedes Haus des Ordens mit wenigstens sechs wahl­berechtigten Professen kann seinen Prior wählen. Doch hat die Wahl innerhalb von vierzig Tagen zu geschehen. Ist diese Zeit verstrichen, übernimmt der Reverendus Pater oder das Generalkapitel die Sorge für einen neuen Prior.
    Aktives Stimmrecht für die Wahl haben alle feier­lichen Prof essen, die im Haus wohnen, nach Maßgabe von Kapitel 38.2.
  2. Als erstes entscheidet der Konvent in geheimer Ab­stimmung (nach Maßgabe von Canon 119 2°), ob er wählen will. Will er das nicht, sorgt das Generalkapi­tel oder der Reverendus Pater für das verwaiste Haus. Schreitet der Konvent zur Wahl, muß der künftige Prior mehr als die Hälfte aller tatsächlich abgegebenen Wählerstimmen auf sich vereinigen. Ist nach dem vierten Wahlgang noch keiner gewählt, bestellt der Reverendus Pater dem Haus einen Hirten (vgl. 38.1, 14 und 15).
  3. Die Bestätigung der Wahl geschieht durch zwei vom Generalkapitel oder vom Reverendus Pater beauf­tragte Mönche, wie im 38. Kapitel der Statuten darge­legt wird; in diesem Kapitel sind auch besondere Richt­linien für die Form der Wahl enthalten.
  4. Es kann nicht gewählt werden, wer nicht zum Prie­ster geweiht ist, wer noch nicht fünf Jahre nach der Ablegung der feierlichen Profeß im Orden gelebt hat und wer durch irgendeines von den in Kapitel 38.7 genannten besonderen Hindernissen betroffen ist.
    Kein Prior aber kann sein Amt niederlegen, wenn er nicht Barmherzigkeit erhalten hat.

Das Dienstamt des Priors

  1. Der Prior ist nach dem Beispiel Christi unter sei­nen Brüdern wie einer, der dient, und er leitet sie im Geist des Evangeliums und gemäß der Art des Ordens, die ihm selbst überliefert worden ist. Er soll allen durch Wort und Wandel zu nützen suchen. In beson­derer Weise soll er den Zellenmönchen, aus deren Reihe er genommen ist, das Beispiel der Ruhe, der Beständig­keit, der Einsamkeit und der anderen Übungen ihres Lebens geben.
  2. Sein Platz, wo immer er ihn einnimmt, und seine Kleidung unterscheiden ihn sozusagen in nichts durch Ehrenstellung und Prunk von den anderen. Auch trägt er nichts an sich, was ihn als Prior erkenntlich macht.
  3. Dem Prior obliegt die schöne und würdige Gestal­tung des Gottesdienstes, wie in den liturgischen Büchern der Statuten gesagt werden wird.
  4. Als gemeinsamer Vater aller im Kloster bezeige der Prior Brüdern und Patres die gleiche Sorge und be­suche sie hin und wieder in ihren Zellen und Obedien-zen. Mit aller Liebe nehme er auf, wer zu seiner Zelle kommt, und höre jeden immer bereitwillig an. Er verhal­te sich so, daß die Mönche, zumal in ihrer Trübsal, bei ihm wie am gütigen Herzen eines Vaters Zuflucht suchen und auch, wenn sie es wünschen, ihm frei und von sich aus ihr Herz eröffnen können. Nicht nach Menschenweise urteilend, sei er bestrebt, mit seinen Mönchen auf den Geist zu horchen durch die gemeinsame Suche nach dem Willen Gottes, den er gemäß seinem Auftrag seinen Brüdern auslegen soll.
  5. Der Prior darf nicht die klösterliche Zucht lok­kern, um sich beliebt zu machen. Das hieße nicht, die Herde hüten, sondern verderben. Vielmehr soll er die Mönche als Kinder Gottes leiten und ihre freiwilli­ge Unterordnung fördern, damit sie sich in der Einsam­keit dem gehorsamen Christus vollkommener gleichgestal­ten.
  6. Die Mönche ihrerseits sollen ihren Prior in Chri­stus lieben und achten und ihm stets demütigen Gehorsam entgegenbringen. Sie sollen dem, der im Herrn die Fürsorge für ihre Seelen übernommen hat, Vertrauen schenken und alle Sorge auf ihn werfen, der als Stell­vertreter Christi gilt. Sie sollen sich nicht selbst für weise halten und nicht auf eigene Klugheit bauen, sondern ihr Herz der Wahrheit zuneigen und auf die Mahnungen ihres Vaters hören.
  7. Die jungen Mönche, die in der Gemeinschaft der Professen mit feierlichen Gelübden zu leben begin­nen, die Konversen, die eben die feierlichen Gelübde abgelegt haben, die Donaten, die nicht mehr unter der Obhut des Novizenmeisters stehen, sie alle darf der Prior nicht sich selbst und der Willkür ihres Eigen­willens überlassen. Denn erfahrungsgemäß ist in diesen Jahren unsere Berufung am meisten gefährdet, und das ganze spätere Leben hängt von ihnen ab. Vielmehr stehe ihnen der Prior in schlichtem persönlichem Gespräch wie ein Vater, ja wie ein Bruder hilfreich zur Seite. Nach Möglichkeit vermeide er es auch, die Mönche nach abge­schlossenem Studium zu schnell in Ämter, zumal in das des Prukurators, einzusetzen.
  8. Der Prior achte darauf, daß den Brüdern regelmäßig Kapitel gehalten wird. Ferner trage er dafür Sor­ge, daß ihnen einmal in der Woche die christlichen Glaubenswahrheiten oder die Statuten erklärt werden. Und da dies seine strenge Pflicht ist, wache er mit Fleiß darüber, daß die Brüder eine gediegene Ausbildung erhalten und ihnen dafür passende Bücher zur Verfügung gestellt werden.
  9. Er nehme sich auch der Kranken, Versuchten und Ge­prüften an, hat er doch selbst erfahren, wie schwer uns mitunter die Einsamkeit fallen kann.
  10. Die Exklaustrierten und selbst jene, die den Orden vielleicht von sich aus verlassen haben, umfasse er mit tätiger Liebe und helfe ihnen nach Kräften, den Willen Gottes zu erkennen und zu befolgen. Immer sei er bereit, sie liebevoll aufzunehmen, doch lasse er sie nicht unterschiedslos mit allen verkehren.
  11. Weil die Bücher unsere ständige Seelenspeise sind, soll der Prior sie seinen Mönchen bereitwillig ge­währen. Vor allem sollen sie in der Heiligen Schrift, bei den Kirchenvätern und anerkannten monastischen Schriftstellern ihre Weide finden. Daneben gestatte er ihnen auch andere gediegene Bücher, die sorgsam zum Nutzen eines jeden ausgewählt wurden. Denn in der Ein­samkeit betreiben wir die Lesung nicht deshalb, um uns über alle beliebigen neuen Lehrmeinungen zu unterrich­ten, sondern damit der Glaube in Frieden genährt und das Gebet gefördert wird. Wenn nötig, kann der Prior seinen Mönchen auch ein Buch verbieten.
  12. Der Prior muß die oberste Leitung über die Angele­genheiten und Geschäfte seines Hauses innehaben und in jeder Hinsicht die allgemeine Fürsorge und Auf­sicht besitzen. Er soll die Güter den Absichten Gottes, seinem Gewissen und dem Geist des Ordens entsprechend weise verwalten und gewissenhaft dafür sorgen, daß keine nutzlosen Ausgaben gemacht werden. Dennoch darf ihn die eifrige Sorge um die zeitlichen Dinge nicht derart belasten, daß er sich den geistlichen Belangen nicht mehr gebührend widmen kann. Darum sei er bemüht, die einzelnen Obedienzen solchen Amtsträgern zuzuwei­sen, deren Obhut er sie sicher anvertrauen kann.
  13. Als Oberer eines im Sinne der Statuten selbständi­gen Klosters ist der Prior damit auch höherer Obe­rer im Sinne des Kirchenrechts. Ihm steht es zu, alle Amtsträger, Patres wie Brüder, nach reiflicher Überle­gung einzusetzen, abzusetzen oder auszutauschen. Auch die Visitatoren können ihn außerhalb der Visitation nicht daran hindern. Bei der Vergebung einer Obedienz aber soll er andere zu Rate ziehen, besonders diejeni­gen, in deren Gemeinschaft jener lebte, dem er das Amt anzuvertrauen gedenkt. Auch dem Betreffenden gestatte er gern, seine Meinung zu äußern, bevor etwas festge­setzt wird.
  14. Wer für ein Amt bestimmt wird, gehorche einfältig dem Auftrag, im Wissen, daß er durch sein Sträuben nicht allein den Gehorsam, sondern zuweilen auch die Liebe zum Prior verletzen würde, der oft die Last schwerer Sorgen trägt. Er erblicke in seiner Anordnung ein Zeichen des göttlichen Willens, nehme die Bürde auf sich und wirke mit dem Prior nach Kräften zusammen, im Bewußtsein, damit zum Aufbau des Leibes Christi nach Gottes Absicht beizutragen.
  15. Der Prior bestrebe sich aber, nur nach Rücksprache und im Einvernehmen mit den Amtsträgern über wich­tige Angelegenheiten, die in ihren Aufgabenbereich fallen, eine Entscheidung zu fällen. Diese hingegen sollen sich seinen Anordnungen immer mit kindlicher Gesinnung unterwerfen. Der Prior suche sie und ihre Schwierigkeiten mit väterlichem Herzen kennenzulernen; er sei ihnen behilflich und fördere ihr allgemeines Ansehen. Wenn es sein muß, tadle er sie liebevoll. Er verhalte sich so, daß es nicht den Anschein hat, er sei nur um die äußere Ordnung besorgt, sondern, auch seinerseits dem Geist gehorsam, erweise er allen die Liebe Christi. Denn der Friede und die Eintracht im Haus hängen zum Großteil davon ab, daß gerade die Amtsträger mit dem Prior einmütig und einträchtig sind.
  16. Eine Erlaubnis, die der Prior abgeschlagen hat, kann der Vikar oder der Prokurator später nicht mehr erteilen, außer in einem neuen dringenden Fall. Daher muß der Bittsteller auch ungefragt angeben, daß der Prior ihm die Erlaubnis verweigert hat. Ebenso muß jemand, wenn er eine Erlaubnis, die der Vikar oder Prokurator verweigert hat, später vom Prior erfragen will, diesen von der Ablehnung in Kenntnis setzen.
  17. Geschäfte, die ein anderer besorgen kann, soll der Prior nicht selbst erledigen. Sein ständiger Platz sei im Haus bei denen, aus deren Mitte er genommen wurde, und er verlasse das Haus nur, wenn eine wirk­liche Notwendigkeit ihn dazu drängt. Vom Beginn des Advents bis zum ersten Tag nach Erscheinung und von Quinquagesima bis nach der Oktav von Ostern bedarf es wegen der strengeren Bewachung seiner selbst und der größeren Sorge für seine Herde einer noch dringenderen Notwendigkeit zum Ausgehen.
  18. Der Prior speise in seinem Haus nicht wahllos und beliebig mit Gästen, sondern nur mit Personen, de­nen er dies nicht gut abschlagen kann. Und auch dann gilt: Je seltener er dies tut, desto besser.
  19. Ist ein Prior wegen Alter oder Krankheit nicht mehr in der Lage, seine Herde zu weiden und ihr das Beispiel eines regeltreuen Lebens zu geben, so er­kenne er dies demütig an und begehre, ohne das nächste Generalkapitel abzuwarten, vom Reverendus Pater Barm­herzigkeit. Die Definitoren ermahnen wir aber, keinen im Priorenamt zu belassen, der durch Alter oder Krank­heit hinfällig geworden ist.
  20. Der Rektor eines Ordenshauses nimmt die Profeß der Mönche entgegen.Beiseinem Amtsantritt verspricht man ihm zwarkeinenGehorsam,doch gehorcht man ihm in allem als dem Oberen.
  21. Der Prior, dessen Amt keine geringe Selbstverleug­nung verlangt, beziehe auf sich die Worte Guigos, der sagt: Du bist von deinem Herrn zum Dienst an deinen Söhnen bestellt. Laß sie deshalb nicht tun, was dir gefällt, sondern was ihnen nützt. Zu ihrem Nutzen mußt du dich hinneigen, nicht sie zu deinem Willen. Denn sie sind dir anvertraut, nicht damit du ihnen vorstehst, sondern damit du ihnen nützt.

[…]

Kapitel 26


Der Prokurator«»

  1. Zum Vorgesetzten für die Brüder des Hauses wird vom Prior einer aus den Mönchen mit feierlichen Gelübden als gewissenhafter Prokurator bestimmt, wie wir ihn nennen wollen. Obwohl er nach dem Beispiel der Martha, deren Aufgabe er auf sich genommen hat, sich um vieles sorgen und kümmern muß, darf er doch das Schweigen und die Ruhe der Zelle nicht ganz aufgeben oder Abneigung dagegen empfinden. Soweit es die Ge­schäfte des Hauses zulassen, kehrt er vielmehr immer in seine Zelle zurück als in den sichersten und ruhig­sten Hafen. Dort kann er durch Lesung, Gebet und Be­trachtung die Herzensruhe wiedergewinnen, die durch die aufwühlenden Geschäfts- und Verwaltungssorgen gestört wurde. So vermag er denn auch in den geheimen Tiefen seines Herzens heilsame Gedanken zu bewahren, die er den ihm anvertrauten Brüdern liebenswürdig und ver­ständlich mitteilen soll.
  2. Was die Statuten für nur einen Prokurator festset­zen, findet in Häusern mit mehreren Prokuratoren auf jeden von ihnen Anwendung, und jeder erfüllt dann in der ihm vom Prior übergebenen Obedienz seine Pflich­ten in bezug auf Sachen und Personen unter unmittelba­rer Leitung des Priors.
  3. In der Besorgung des ihm vom Prior Übertragenen hält sich der Prokurator bei allen Geschäften und Ausgaben immer an die Weisung des Priors. Ohne dessen Erlaubnis maße er sich nicht an, etwas von größerer Bedeutung zu unternehmen, zu verkaufen, zu kaufen, zu leihen oder zu verschenken. Für die Geschäfte des Hau­ses kann er kleinere Geschenke geben und annehmen.
  4. Was uns von Seiten des Ordens zusteht, sollen wir vom Prokurator und nicht vom Prior erbitten. Indes ist das für die Patres kein Grund, die Zelle des Proku­rators zu betreten oder sich sonst mit ihm zu- unterhal­ten. Nach dem Brauch des jeweiligen Hauses kann man mit ihm an dem vom Prior bezeichneten Ort sprechen. Man soll sich aber nach Möglichkeit lieber schriftlich an ihn wenden. Der Prokurator aber bemühe sich wie ein demütiger Diener, das Gewünschte ohne zu langes Warten zu beschaffen, und immer zeige er ein heiteres Gesicht. Die Mönche hingegen sollen dem Prokurator nicht mit zudringlichen Bitten zur Last fallen, sondern sich dankbar gegen ihn erweisen, der seine Zeit und Kraft dem Wohl seiner Brüder opfert. Hat jedoch der Prokura­tor etwas abgeschlagen, was im Rahmen der allgemeinen Bedürfnisse liegt, so können wir uns an den Prior wen­den. Und das müssen wir sogar stets, wenn es sich um etwas Außergewöhnliches handelt.
  5. Der Prokurator soll allezeit mit Liebe und Güte die kranken Mönche besuchen, die am Gottesdienst in der Kirche nicht mehr teilnehmen können. Sonst be­sucht er ohne Erlaubnis keine Patres und betritt ihre Zellen nicht. Ebensowenig darf er außerhalb der Zelle mit ihnen reden, es sei denn, er trifft sie bei einem vom Vorsteher erlaubten Gespräch an. An der Zellentür jedoch kann er ein paar Worte wechseln. Gewissenhaft achte er darauf, keine weltlichen Neuigkeiten im Haus zu verbreiten; denn seine ihm eigene Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, daß die Mönche sich der Ruhe der Beschauung hingeben können.
  6. Der Prokurator soll sich um die Obedienzen und das gesundheitliche Wohlbefinden der Brüder kümmern und sich ihnen mit aller Liebe widmen. Vor allem gebe er ihnen ein gutes Beispiel; denn Taten spornen sie mehr an als Worte. Einen Prokurator, der selbst ein Nachahmer Christi ist, werden sie gern nachahmen. Besonders sorge er dafür, daß die Brüder nicht mit Arbei­ten überladen werden. Ihre Arbeitszeit soll in der Re­gel sieben Stunden nicht überschreiten, damit sie auch noch genügend Zeit in der Zelle der Sammlung widmen können.
  7. Jeder Bruder soll die Verantwortung für seine Obe-dienz tragen. Der Prokurator aber soll seinerseits die Autorität des Bruders in dessen Arbeitsbereich för­dern. Die Brüder sollen den Prokurator wegen ihrer Ar­beiten um Rat fragen und sich seinen Anordnungen unter­werfen. Der Prokurator aber läßt ihnen, soweit es zu­träglich ist, die nötige Handlungsfreiheit, damit sie ihre Aufgaben besser erfüllen. Will er in ihren Obedi-enzen etwas ändern, überlege er dies zuerst mit ihnen oder setze sie wenigstens davon in Kenntnis.
  8. Der Prokurator – und das gilt auch für die anderen Amtsträger des Hauses – muß wachsam sein, daß er sich nicht unter Mißbrauch seines Amtes Ausnahmen oder unnötige Dinge bewilligt, die er anderen nicht gestat­ten würde.
  9. Der Prokurator trage auch Sorge für die Gäste; er begrüße sie als erster bei ihrer Ankunft und besu­che sie. Ist der Prior abwesend, kann er ihretwegen dem Refektorium fernbleiben. Doch speist er nicht wahllos und beliebig mit allen, sondern nur mit solchen Perso­nen, denen er dies nicht gut abschlagen kann. Und je seltener er dies tut, desto besser. Bei der Mahlzeit der Gäste darf kein anderer Mönch zugegen sein als der Prokurator und, in Abwesenheit des Priors, der Vikar.
  10. Wenn das Priorenamt nicht besetzt ist, nimmt der Prokurator die Priorenzelle in seine Obhut und sorgt dafür, daß alles darin unberührt bleibt.
  11. Das Amt des Hauschronisten überträgt der Prior dem Prokurator oder einem anderen geeigneten Mönch.
  12. Scheidet der Prokurator aus seinem Amt aus, soll er alle Sorgen und alles Überflüssige zurücklas­sen, um dem allem entblößten Christus in die Wüste zu folgen.

Kapitel 27


Die Kranken«»

  1. Krankheit oder Alter regen uns zu einem neuen Akt des Glaubens an den Vater an, der uns durch diese Beschwerden ausdrücklicher Christus gleichgestaltet. Somit dem Erlösungswerk in einzigartiger Weise verei­nigt, werden wir inniger mit dem ganzen Mystischen Leib Christi verbunden.
  2. Besondere Sorge und Barmherzigkeit zeige der Prior den Kranken, Alten und Geprüften. Dasselbe legen wir auch allen ans Herz, denen die Kranken zur Pflege anvertraut sind. Alles Notwendige und Nützliche werde nach den Mitteln des Hauses liebevoll für sie be­schafft. Alle Dienste aber, auch noch so persönlicher Art, die die einzelnen sich selbst nicht zu leisten vermögen, sollen andere ihnen voll Demut erweisen und sich über einen solchen Auftrag glücklich schätzen. Auch sollen wir auf jede Weise jene ertragen, die an einer Nervenkrankheit leiden, die in der Einsamkeit besonders lästig ist. Denn sie sollen begreifen, daß sie zur Ehre Gottes beitragen können, wenn sie sich nur selbstvergessen und voll Zuversicht dem Willen dessen anheimstellen, der Vater ist.
  3. Die Kranken aber werden nach dem heiligen Benedikt ermahnt, sorgfältig darauf zu achten, daß sie nicht durch unnötige oder unerfüllbare Wünsche oder etwa durch Murren ihre Pfleger betrüben. Im Bewußtsein ihrer erwählten Lebensweise mögen sie bedenken, daß sie sich wie als Gesunde von den gesunden so auch als Kranke von den kranken Weltleuten unterscheiden müssen. Sonst werden sie – was Gott verhüte! – infolge ihrer Krankheit engherzig und vergeblich von Gott heimge­sucht.
  4. Daher wird den einen geraten, auf das Leiden Chri­sti zu blicken, den anderen auf seine Erbarmungen. So seien die einen stark im Dulden, die anderen bereit im Helfen. Jene mögen bedenken, daß sie Christus zu­liebe bedient werden, diese, daß sie um Seinetwillen dienen. Dann werden die ersteren sich nicht überheben und die letzteren nicht ermatten. Denn die einen wie die anderen erwarten vom gleichen Herrn den Lohn für ihren Dienst: jene für den Dienst ihres Leidens, diese für den Dienst ihres Erbarmens.
  5. Als Arme Christi sollen wir uns mit unserem ge­wöhnlichen Hausarzt oder notfalls mit einem Fach­arzt aus den umliegenden Städten zufriedengeben. Muß aber ein Pater neben dem gewohnten Arzt einen Spezial-arzt aufsuchen, so kann der Prior ihm erlauben, eine von den benachbarten Städten aufzusuchen, die die Visitatoren in Übereinstimmung mit dem Generalkapitel oder dem Reverendus Pater angegeben haben. Er muß dann allerdings noch am gleichen Tag zurückkehren. Der Prior kann auch erlauben, daß ein Mönch ins Krankenhaus ein­geliefert wird. Es geziemt sich aber, den Reverendus Pater darüber zu unterrichten.
  6. Da unsere Kranken die Einsamkeit lieben, läßt man ihnen die nötige Pflege soweit als möglich in ihrer eigenen Zelle zukommen. Nach den Vorschriften gewisser Ärzte aber, die unter Umständen das Ausgehen befürworten oder uns Behandlungen und Heilmittel ver­schreiben, die zu unserem Leben nicht passen, brauchen wir uns nicht zu richten. Denn wir allein müssen uns über unser Gelübde vor Gott verantworten. Ferner sollen wir darauf achten, daß wir nicht durch Mißbrauch von Arzneimitteln unserer Vollkommenheit und auch unserer Gesundheit schaden und dem Haus zur Last fallen.
  7. In all dem wollen wir uns mit gelehrigem Herzen dem göttlichen Willen überlassen, und bedenken, daß wir uns durch die Prüfung der Krankheit auf die ewige Freude vorbereiten. Und so laßt uns mit dem Psal-misten sprechen: Ich freute wicht als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.

Kapitel 28


Die Armut«»

  1. Der Mönch hat die Wahl getroffen, dem armen Christus zu folgen, um mit seiner Armut bereichert zu werden. Sich nicht auf Irdisches, sondern auf Gott stützend, besitzt er im Himmel einen Schatz, nach dem sein Herz verlangt. Da er nichts als sein eigen be­trachtet, ist er innerlich bereit, alles ihm Gewährte freiwillig und ohne Umschweife in die Hände des Priors zurückzugeben, sooft dieser es wünscht.
  2. Die Professen mit feierlichen Gelübden haben außer dem, was ihnen der Orden zum bloßen Gebrauch be­willigt, nichts gesondert. Sie haben sogar auf die Mög­lichkeit verzichtet, irgendetwas ohne Erlaubnis zu er­bitten, anzunehmen, zu verschenken oder zu veräußern. Auch untereinander dürfen wir ohne Erlaubnis gar nichts tauschen oder annehmen.
  3. Hingegen behalten die Professen mit zeitlichen Ge­lübden und die Donaten das Eigentumsrecht über ihre Güter und die Fähigkeit zum Neuerwerb. Gleichwohl haben sie wie auch die Novizen nichts Persönliches bei sich. Der Magister belehre seine Neulinge in besonderer Weise über die Trennung von den zeitlichen Gütern und Annehmlichkeiten und über die Liebe zur Armut.
  4. Bekommt ein Mönch, sagt Guigo, von einem Freund oder Verwandten ein Kleidungsstück oder derglei­chen geschickt, so gibt man es nicht ihm, sondern lie­ber einem anderen, um nicht den Anschein zu erwecken, als besitze er etwas Eigenes. Kein Ordensmitglied maße sich daher an, von Büchern oder sonstigen Sachen, deren Erwerb der Orden ihm verdankt, das Nutzungsrecht oder einen anderen Rechtsanspruch geltend zu machen. Wenn es ihm gestattet wird, nehme er diese Dinge nicht als sein persönliches, sondern als fremdes Eigentum unter Dank­sagung an zum Gebrauch. Keiner aber darf jemals Geld zu seiner Verfügung haben oder bei sich aufbewahren.
  5. Weil der Menschensohn keinen Ort hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte, müssen in unseren Zellen in jeder Hinsicht die Einfachheit und die Armut gewahrt werden. Mit beharrlichem Eifer sollen wir Überflüssiges und Auffälliges daraus entfernen und auch gern das Ur­teil des Priors einholen.
  6. Wer einen anderen in der Obedienz vertritt, darf ohne Erlaubnis gar nichts darin ändern. Aber auch die Mönche dürfen von sich aus in ihren Zellen und Obedienzen nichts verändern oder unternehmen, was nicht vorher gezeigt und genehmigt worden ist.
  7. Der Prior soll dafür sorgen, daß alle Mönche die notwendige Kleidung haben. Alle Ordenspersonen tragen weißen Habit und weiße Kukulle. Sie erhalten zwei Habite und zwei bis drei Kukullen. Die Zellenmön­che legen Cilicium und Cingulum an, nicht aber die Konversen und Donaten. Alle Novizen tragen bei jeder Konventhandlung einen schwarzen Mantel. Wenn wir die Grenzen überschreiten, tragen wir ebenfalls einen Mantel.
  8. Unsere Kleidung soll nichts Auffälliges und Über­flüssiges an sich haben, was der klösterlichen Einfachheit und Armut widerspricht. Denn bei alledem kümmerten sich unsere Väter nur darum, daß die Kälte abgewehrt und die Blöße bedeckt wurde, in der Meinung, abgenutzte Kleider und Gebrauchsgegenstände eigneten sich sicher für Kartäuser. Wenn wir auch in ihrem Geist wandeln, wollen wir doch dafür sorgen, daß die Kleidung und die Zelle eines jeden sauber und anständig sind. Unser Bett richten wir der monastischen Strenge entsprechend, außer wenn wir krank oder auf der Reise.
  9. Wertvollere Geräte sind nur denen gestattet, für die der Prior sie notwendig findet. Musikinstru­mente und Spiele jeglicher Art aber sind mit unserer Lebensweise nicht vereinbar. Doch können zum Erlernen unseres Gesangs Instrumente zugelassen werden, die die Stimme führen oder aufzeichnen. Radioapparate hingegen sind bei uns gänzlich ausgeschlossen.
  10. Häufig sind die einzelnen Gegenden derart ver­schieden, daß das, was in der einen Gegend notwen­dig, in einer anderen überflüssig ist, so daß keine feste, allgemein gültige Regel für alle aufgestellt werden kann. Daher mahnen wir die Prioren, sich ent­sprechend den Mitteln ihrer Häuser ihren Mönchen in allem, was sie notwendig brauchen, entgegenkommend zu zeigen. Von der Liebe Christi gedrängt sollen sie in keiner Weise dulden, daß man ihnen in dieser Hinsicht einen berechtigten Vorwurf machen kann, und nicht durch ihre Hartnäckigkeit die Mönche zum Laster des Eigenbe­sitzes verleiten. Denn die Armut wird Gott um so ange­nehmer sein, je freiwilliger sie ist. Nicht der Verlust der weltlichen Annehmlichkeiten ist lobenswert, sondern der Verzicht auf sie.

Kapitel 29


Die Verwaltung der zeitlichen Güter«»

  1. Der Prior verwaltet nicht Güter, die-ihm oder an­deren Menschen gehören, sondern die Güter des ar­men Christus, dem er einmal über alles Rechenschaft geben muß. Daher ist es seine Pflicht, die Amtsträger und ihre Gehilfen in der Verwaltung der Güter zu lei­ten, die Güter dem Willen Gottes und seinem Gewissen entsprechend sowie im Geist des Ordens und unserer Statuten weise zu verwalten und sorgfältig darauf zu achten, daß keine ungerechtfertigten Ausgaben gemacht werden.
  2. Hat ein Prior neu sein Amt angetreten, legt ihm der Prokurator die Bestandsaufnahme der hauptsäch­lichen beweglichen und unbeweglichen Güter des Hauses vor, die vom Prior selbst und von seinem Rat zu unter­schreiben und als Urkunde im Hausarchiv aufzubewahren ist.
  3. Das für den täglichen Gebrauch benötigte Geld wird zur Verfügung des Priors oder Prokurators aufbe­wahrt. Bei bedeutenden Geschäften müssen die betreffen­den Papiere außer vom Prior auch vom Prokurator unter­zeichnet werden.
  4. Zu Beginn des Jahres oder nach dem Brauch des Hau­ses zu einem anderen Zeitpunkt lasse der Prior den Prokurator vor sich und dem Rat des Hauses einen allge­meinen Rechenschaftsbericht über die Gesamteinnahmen und -ausgaben des verflossenen Jahres geben. Und zusam­men mit dem Prior sollen alle prüfen, ob die von den Statuten anempfohlene Armut auch wirklich im Haus beobachtet wird.
  5. Unsere Väter haben festgesetzt, zum Unterhalt un­serer Häuser nicht auf Almosen zu bauen, sondern dafür einige jährliche Einkünfte zu haben, die Gott gibt. Sie hielten es nämlich nicht für recht, im Verlaß auf unsichere Wohltaten sichere Lasten auf sich zu nehmen, die dann ohne große Gefahr weder getragen noch abgeschüttelt werden können. Zudem verabscheuten sie die Sitte, umherzuziehen und zu betteln.
  6. Wir glauben jedoch, daß bescheidene Mittel mit Gottes Hilfe für uns genügen, wenn wir in Nahrung, Kleidung und den übrigen Gebrauchsgegenständen die Demut, Armut und Bescheidenheit mit dem Eifer unserer Väter bewahren, und wenn wir endlich in der Gering­schätzung der Welt und in der Liebe zu Gott, um des-sentwillen wir alles tun und tragen sollen, ständig wachsen. Gerade an uns sind ja die Worte des Herrn gerichtet: Sorgt euch nicht um morgen; euer Vater weiß ja, daß ihr das alles braucht. Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit!
  7. Der Prokurator achte mit Sorgfalt darauf, daß vor den Toren des Hauses oder sogar innerhalb des Klo­sters kein Handel getrieben wird. Wo ein solcher Handel aber schon besteht und es ohne Ärgernis und ohne große Aufregung geschehen kann, werde er ganz eingestellt.
  8. Den in unseren Häusern beschäftigten Weltleuten gegenüber erfülle man, auch wenn sie unentgeltlich arbeiten, gewissenhaft die Pflicht der Gerechtigkeit und beachte aufmerksam die gesetzlichen Vorschriften. Der Prior kümmere sich auch um ihr geistliches Wohl. Doch vergrößere man nicht die Zahl solcher Helfer, da der häufige Umgang mit ihnen dem monastischen Geist der Brüder zuweilen schadet.
  9. Der Prior maße sich nicht an, ohne Zustimmung sei^-ner Ratgeber über die vom Generalkapitel festge-setzte Summe hinaus Geld ganz oder in Teilbeträgen zu verleihen oder zu geben. Ferner sollen sich die Prioren hüten, Verwandten und Freunden zu große Geschenke zu machen, wodurch die Gerechtigkeit verletzt, der Friede gefährdet und das Haus belastet würde.
  10. Güter, die zum Stammvermögen des Hauses gehören, darf niemand veräußern, es sei denn zum großen Nutzen des Hauses und unter Wahrung der Rechtsbestim­mungen. Handelt es sich aber um Güter, die die vom Generalkapitel festgesetzte Summe übersteigen, so soll nichts unternommen werden, bevor der Rat des Hauses in geheimer Abstimmung sowie die Visitatoren und der Reverendus Pater ihr Einverständnis erklärt haben. Die selben Förmlichkeiten sind zu beachten, wenn Geld auf einmal oder in Teilbeträgen geliehen werden muß, das über der vom Generalkapitel festgesetzten Summe liegt. Für Ausgaben jedoch, die sich nicht auf Lebensunter halt, Bekleidung und andere gewöhnliche Kosten bezie­hen, ist der Rat des Hauses zu befragen.
  11. Verliert ein Haus durch Absetzung oder Tod des Priors die Hilfe seines Hirten, darf gar nichts von den unbeweglichen oder auch beweglichen Gütern veräußert werden, wenn die Ankunft des neuen Priors ohne Nachteil für das Haus abgewartet werden kann.
  12. Was ein Mönch mit feierlichen Gelübden als Gast eines anderen Hauses geschenkt bekommt, erwirbt das Haus, in dem er lebt. Hingegen fallen Erbschaften immer dem Profeßhaus zu. Der Ertrag aus der Arbeit eines Mönches gehört aber dem Haus, in dem der Mönch diese Arbeit geleistet hat. Beträge aus einer Rente oder Versicherung, die ein Professe oder Donat erhält, erwirbt das Haus, in dem er gerade zu Gast ist. Dieses Haus bezahlt auch die erforderlichen Beiträge. In Zwei­felsfällen lasse man den Reverendus Pater von der Großen Kartause oder das Generalkapitel entscheiden.
  13. Die Prioren und Prokuratoren sollen soweit als möglich Prozesse und Gerichtsverfahren meiden. Denn zu prozessieren geziemt sich nicht für die Diener dessen, der gesagt hat: Wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann laß ihm auch den Mantel.
  14. Wohl darf das Haus all das besitzen, was für das Leben der Gemeinschaft gemäß unserer Lebensweise notwendig ist, doch muß jede Form von Luxus, ungeordne­tem Gewinnstreben und Güteranhäufung vermieden werden, damit das Zeugnis wahrer Armut gegeben wird. Es ist nämlich nicht damit getan, daß die Mönche im Gebrauch der Güter von den Oberen abhängig sind, sie müssen auch wie Christus tatsächlich Arme sein, deren Schatz im Himmel ist. Nicht allein den Luxus sollen .wir fliehen, sondern auch zu große Bequemlichkeit, auf daß alles in unseren Häusern die Einfachheit unserer Lebensweise atme.
  15. Daher sollen Fahrzeuge, Maschinen und Werkzeuge nur gekauft werden, wenn die Angelegenheit vorher reiflich erwogen und diese Dinge sich als notwendig oder nützlich erwiesen haben. Dies ist vor allem dann in Betracht zu ziehen, wenn sie zum Schutz der Einsam­keit der Brüder beitragen oder deren Arbeitskraft scho­nen.
  16. Unsere Gebäude sollen zwar ausreichend und unserer Lebensform angepaßt sein, doch soll in ihnen über­all die Einfachheit gewahrt bleiben. Denn nicht von eitler Pracht oder Kunst sollen unsere Häuser Zeugnis geben, sondern von der Armut nach dem Evangelium.
  17. Daher verbieten wir in jedem Fall von vornherein jegliches auffällige und unnötige Gebäude. Was nützliche und zweckmäßige Gebäude betrifft, so maße sich kein Prior an, solche ohne Einverständnis seines Konventes oder zumindest seines Rates zu errichten. Außerdem muß die schriftliche Genehmigung der Visitato-ren der Provinz vorliegen, die die Angelegenheit mit Klugheit prüfen und feststellen sollen, ob das Haus nicht mit Schulden belastet ist. Sollten die Baukosten die vom Generalkapitel festgesetzte Summe übersteigen, ist außerdem die Erlaubnis des Reverendus Pater erfor­derlich. Will aber einer der beiden Visitatoren bauen, ist er verpflichtet, unter Einhaltung der vorstehenden Bedingungen zuerst seinen Convisitator und einen ande­ren besonnenen Prior kommen zu lassen. Diese sollen alle obengenannten Punkte prüfen und ihm dann schrift­lich die Baugenehmigung erteilen oder sie bei Nichtbe­willigung des Bauvorhabens verweigern. Diese Bestimmun­gen gelten nicht nur für Neubauten, sondern ebenso für die Instandsetzung alter Gebäude, wenn diese eine be­merkenswerte bauliche Veränderung zur Folge hat.
  18. Der Bau eines neuen Hauses kann nur mit Zustimmung und nach den Richtlinien des Generalkapitels be­gonnen werden. Nach dem alten Brauch unserer Väter sol­len neuzugründende Häuser weitab vom Straßenlärm in abgelegener Gegend gebaut werden. Handelt es sich um Errichtung und Bau eines neuen Hauses, sollen die Definitoren entscheiden, doch nicht ohne vorhergende Beratung der Vollversammlung. In gleicher Weise geht man bei der Aufhebung irgendeines Hauses des Ordens vor; das Definitorium soll dann für dessen Güter Vor­sorge treffen.
    Soweit möglich, sollen die Prioren dafür Sorge tragen, daß auf klostereigenem Grund und Boden und auf dem angrenzenden Gebiet keine Gebäude errichtet oder instandgesetzt werden, die nachher die Fremden anziehen könnten.
  19. Um der barmherzigen Liebe unseres Gottes und Hei­landes Jesus Christus willen, der sich selbst am Kreuzesholz ganz für uns hingegeben hat, ermahnen und bitten wir schließlich mit großem Nachdruck alle Prio-ren unseres Ordens, entsprechend den Mitteln ihrer Häu­ser aus ganzem Herzen und freigebig Almosen zu spenden, da wir überzeugt sind, daß es Diebstahl an den Armen und den Bedürfnissen der Kirche wäre, in unmäßiger Weise Ausgaben zu tätigen oder etwas zurückzubehalten. Deshalb wollen wir an der Bestimmung der Güter für die Allgemeinheit festhalten und so die ersten Christen nachahmen, von denen keiner etwas sein Eigentum nannte, sondern die alles gemeinsam hatten.

Kapitel 30


Die Beständigkeit«»

  1. Der Mönch kann seine vollkommene Hingabe an Gott nur verwirklichen, wenn er das ganze Leben hin­durch in seiner Lebensweise ausharrt. Dazu verpflichtet er sich in Freiheit in der feierlichen Profeß. Da diese also unwiderruflich ist, soll er sich vor ihrer Able­gung hinsetzen und überlegen, ob er sich in der Tat für immer Gott übereignen will.
    Kraft der Profeß wird der Mönch in die Gemein­schaft als die ihm von Gott geschenkte Familie einge­reiht, in der er mit Leib und Geist Wurzel fassen soll.
  2. Ein jeder bleibe also, nachdem er in seinem Stand geweiht wurde – sei es als Pater, sei es als Bru­der -, in der Berufung, zu der er berufen wurde, und zeichne sich darin in verstärktem Maße aus, zur reiche­ren Heiligkeit der Kirche und zur größeren Ehre der einen und ungeteilten Dreifaltigkeit.
  3. Damit ein Profeßmönch auf eigene Bitte in ein an­deres Haus des Ordens gehen kann, braucht er außer der Erlaubnis des Generalkapitels oder des Reverendus Pater die Zustimmung der Prioren der beiden Häuser und des Kapitels des aufnehmenden Klosters.
    Nur aus schwerwiegenden Gründen können das Gene­ralkapitel, der Reverendus Pater oder die Visitatoren in ihrer Provinz jemand in ein anderes Haus versetzen. Nach Möglichkeit sollen dann vorher die Personen, denen an der Versetzung etwas gelegen ist, befragt werden.
    Kein Prior oder ein anderer Mönch verleite aber Personen aus anderen Häusern oder aus seinem eigenen Haus zu irgendeiner Art von Unbeständigkeit. Außerdem scheint es recht und billig, daß ein Haus, wenn es eine Person, die nicht nach der klösterlichen Ordnung lebt, zur Profeß zugelassen hat, sie auch erträgt.
  4. Die Mönche sollen auch nicht leichtfer-tig glauben, vernünftige Gründe zu haben, um von ihren Oberen eine Versetzung erbitten zu können. Denn die Vorstel­lung von anderen Orten und der Wechsel dorthin haben schon viele getäuscht. Auch ist es unschicklich, daß der Mönch der Art des Klimas, der Nahrung oder der Men­schen und sonstigen Veränderungen so starke Beachtung beimißt.
  5. Wird ein Mönch für ein anderes Haus bestimmt, bre­che er unverzüglich dorthin auf, ohne merklich vom direkten Weg abzuweichen. Er nehme nur das Nötige für die Reise mit und lasse sich auch nichts nachschicken.
  6. Das Haus nehme den Mönch, der zu ihm geschickt‘ wird, mit aller Liebe auf, und der Prior behandle ihn wie einen Sohn des eigenen Hauses. Der Mönch aber leiste dem Prior und den übrigen Amtsträgern den schul­digen Gehorsam und passe sich den dort herrschenden Gewohnheiten an. Ferner achte er darauf, nicht taktlos über Fehler von Personen und über Mißstände zu reden, die er anderswo im Orden erfahren hat; und auch die anderen sollen ihn nicht über solche Dinge ausfragen. Und so betrachte er für die Zukunft das ihm von der Vorsehung zugewiesene Haus als seine Familie und den Hafen seiner Ruhe.
  7. Aus einem angemessenen Grund kann der Prior mit Zustimmung seines Rates und mit Erlaubnis des Ge­neralkapitels oder des Reverendus Pater einem Profeß-mönch gestatten, außerhalb unserer Ordenshäuser zu leben, jedoch nicht über ein Jahr, es sei denn zu einer Behandlung im Krankheitsfall. Dieselbe Erlaubnis kann vom Generalkapitel selbst gewährt werden, oder, nach Befragung des Priors, vom Reverendus Pater; dann muß sie jedoch vom folgenden Generalkapitel bestätigt wer­den.
  8. Wir wissen, wie sehr die Geduld und die Beharr­lichkeit in den uns vom Herrn vorherbestimmten Verhältnissen für die Betrachtung der‘ göttlichen Ge­heimnisse förderlich sind. Unmöglich kann ja ein Mensch seinen Sinn fest auf einen Punkt richten, der nicht zu­vor seinen Leib dauernd an einen Ort gebunden hat. Auch der Geist muß unerschütterlich seinem Vorsatz anhangen, damit er sich Dem zu nahen vermag, bei dem es keinen Wechsel gibt und keinen Schatten der Veränderung.